"Genug ist Genug: Hört auf Geld mit Vitamin -und Mineralsupplementen zu verschwenden"

So lautet der Titel eines Editorials aus der Fachzeitschrift "Annals of Internal Medicine", erschienen im Dezember 2013. Vor dem Hintergrund des 28 Milliarden Dollar* schweren US-Marktes für Mikronährstoffsupplemente eine radikale Forderung der Autoren. Dabei nehmen die Verfasser Bezug auf drei kürzlich veröffentlichte Publikationen, welche die Wirkung von Multivitamin-Supplementen auf chronische Erkrankungen und Sterbefälle hin untersucht hatten. Die folgenden Kernaussagen konnten daraufhin formuliert werden:

  • Es gibt keine klare Evidenz für die Annahme, dass Multivitaminpräparate die Gesamtsterblichkeit oder die Sterblichkeit im Falle von Krebs oder Herz-Kreislauferkrankungen vermindern. (Fortmann et al.)
  • Das Erhalten der kognitiven Leistungsfähigkeit und des Wortgedächtnisses wird in einer ausreichend mit Nährstoffen versorgten Bevölkerung durch Multivitaminpräparate nicht beeinflusst. (Goldstein et al.)
  • Hohe Dosen an Multivitaminpräparaten bringen keinen Zusatznutzen um Komplikationen nach einem Herzinfarkt zu verhindern. (Lamas et al.)

Zusammen genommen und im Kontext weiterer negativer Studienergebnisse kommen die Autoren zum Schluss, dass es höchstwahrscheinlich keine Evidenz für einen Nutzen von Multivitaminpräparaten in der primären und sekundären Vorbeugung von chronischen Erkrankungen wie Krebs, Herzinfarkt oder Alzheimer gibt. Dagegen spreche in Anbetracht der Datenlage einiges dafür, dass diese Präparate mitunter sogar die Sterblichkeit ihrer Konsumenten erhöhe. So vermutet mit Supplementen, die beta-Carotin, Vitamin E und wahrscheinlich auch Vitamin A beinhalten. Andere Vitamine (u.a. Folsäure) und Antioxidantien würden ebenfalls keinen klaren Zusatznutzen bringen. 
Die Autoren gehen einen Schritt weiter und schließen ab, dass genügend Evidenz bestehe von der routinemäßigen Einnahme von Supplementen abzuraten. Die Nachricht sei sehr simpel, die meisten Supplemente würden chronischen Erkrankungen und Tod nicht vorbeugen, sie seien nicht gerechtfertigt und sie sollten vermieden werden. Gerade in Bevölkerungen ohne klare Hinweise für handfeste Mikronährstoffdefizite sollte diese Empfehlung auf ein angemessenes Echo stoßen.

Um einige Missverständnisse auszuräumen bevor sie entstehen können. Dieses Editorial spricht sich nicht grundsätzlich gegen die Supplementierung von Vitaminen und Mineralstoffen aus. Es mag Lebenssituationen geben, in denen die einzelne oder kombinierte Gabe von Mikronährstoffen über einen längeren Zeitraum gerechtfertigt ist. Darunter fallen alle veritablen Mangelerscheinungen. Für einzelne Vitamine und Mineralstoffe könnte eine Supplementierung empfohlen werden, wenn diese als kritische Nährstoffe eingestuft werden, so geschehen mit Iod in der allgemeinen Iodanreicherung von Salz oder der Empfehlung von Folsäuresupplementen für Frauen im gebärfähigen Alter. Viele Erkrankungen machen eine Supplementierung ebenfalls erforderlich, weil sie die Absorption oder den Stoffwechsel von Mikronährstoffen negativ beeinflussen. Dafür ist allerdings eine ausgiebige Beratung mit Fachpersonal erforderlich. Ein kurzer Online-Fragebogen reicht in jedem Fall nicht aus. Siehe den Fall von personalisierter Nahrungsergänzung von purmeo. Glücklicherweise ist dieses Angebot mittlerweile nicht mehr verfügbar.



*Zahlen aus 2010

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